Sarah 2 - Im Schwimmbad/Kapitel 5
Also bogen wir in die jeweiligen Duschräume ab. Auch hier war im Moment niemand und ich stellte mich unter den sanften blutwarmen Strahl, stützte mich mit den Händen an der Wand ab, den Kopf hängend und ließ das Wasser eine Minute über meinen Körper rinnen. Dann zog ich meine Badehose auf und ließ das Wasser über mein Gemächt strömen. Nach einer weiteren Minute versiegte das Wasser automatisch und ich war fertig. Ich betrachtete mich noch kurz im Spiegel. Keine auffälligen Spuren der vergangenen Tat waren zu sehen. Keine Kratzer auf dem Rücken, keine Bissspuren am Hals oder sonst wo. Ich sah aus, wie noch vor einer halben Stunde.
Zeitgleich mit Sarah kam ich wieder auf den Flur. Sie lächelte mir wieder ihren unschuldigen Ausdruck entgegen, welchen ich erwiderte.
„Warte mal“, sagte ich.
Mit einem fragenden Gesichtsausdruck stand sie mir gegenüber. Ich versuchte ihren Körper möglichst nüchtern nach irgendwelchen Spuren abzusuchen, wie ich es bei mir gerade getan hatte. In Anbetracht der Tatsache, dass ihr Körper eben ihr Körper war, fiel es mir schwer, mich auf die Sache zu konzentrieren.
„Ok, dreh dich um“, sagte ich und sie tat es.
„Ich möchte nur mal schauen, ob … Du weißt schon“, erklärte ich.
Ihr Anblick von hinten erleichterte meine Sache nicht. Ihr Körper war in jeglicher Hinsicht perfekt. Jugendlich, straff, muskulös, geschmeidig und weiblich. Wenn ich jemals nach einer Erklärung für meine Bewusstseinsaussetzer suchen würde, so stand diese in ihrer reinsten Form vor mir.
Ihre Oberschenkel waren von hinten etwas gerötet, wo ich sie gehalten hatte und ihre Schulterblätter auch. Dort, wo sie gegen die Wand gedrückt wurde.
„Du bist da ein bisschen rot“, meinte ich.
„Macht nix, ich gehe direkt ins Wasser“, antwortete Sarah.
„Das sollten wir sowieso tun. So nass wie wir sind, kommt man nicht vom Kaffee trinken“, gab ich grinsend zurück.
Sie quittierte das ebenfalls mit einem süffisanten Grinsen und wandte sich zum Gehen.
Wieder in der Schwimmhalle gingen wir direkt über die Treppe ins Wasser.
„Ich schwimme direkt zu den Jungs und mache den Schiedsrichter für ihren Arschbombenwettbewerb“, sagte Sarah und verschwand auch schon unter der Wasseroberfläche. Ich schwamm gemächlich in die andere Richtung und stieg bei Tanja über die Leiter aus dem Becken. Jetzt bloß nichts Falsches sagen oder tun. Einfach so normal wie möglich verhalten. Aber auch nicht krampfhaft versuchen normal zu sein, das geht auch meist nach hinten los. Also einfach ich sein, nicht zu viel denken.
Tanja lag auf dem Rücken und hatte die Augen zu. Als ich nach meinem Handtuch langte, um mich abzutrocknen, bemerkte sie mich.
„Da bist du ja schon wieder. Wie war der Kaffee?“, fragte mich sie mich.
„Heiß“, antwortete ich ihr, und fügte hastig hinzu, „und schwarz und stark. Automatenkaffee halt“.
„Wo ist Sarah?“.
„Bei den Jungs im Wasser“.
„Ich geh’ mal auf die Toilette“, sagte Tanja. Sie stand auf, räkelte sich und verschwand in der Richtung, aus der wir gerade gekommen waren. Ich schaute ihr nach, bis sie aus meinem Blickfeld verschwand. Das hatte ich eigentlich relativ gut gemeistert, gemerkt hat sie offensichtlich nichts.
Ich lehnte mich zurück, schaute in Richtung der Jungs und Sarah und beobachtete das treiben. Eigentlich beobachtete ich nur Sarah, betrachtete ihren Körper, wie sie sich gab, versuchte ihr Wesen zu erfassen. Außerdem versuchte ich zu verstehen, warum so eine unbezwingbare Anziehungskraft von ihr ausging. Wie ich heute früh ja schon festgestellt hatte, hatte Sarah das gewisse Etwas. Das, was man nicht in Worte fassen kann. Es lag da etwas in ihrem Blick, womit sie ihrem tatsächlichen Alter voraus war und es umgab sie eine bestimmte Aura. Alles das, was die reine nüchterne optische Erscheinung in etwas ganz Besonderes verwandelte. In etwas, dem ich nicht widerstehen konnte, wenn sie nur den richtigen Knopf drückt. Wie vorhin in der Umkleide. Sie hatte es geschafft, mein rationales Denken von jetzt auf gleich auszuschalten. An dessen Stelle trat dann augenblicklich ein pures, rein animalisches Verlangen. Das gleiche Verlangen sah ich in ihren Augen, als ich sie umdrehte. Die Eigenschaft, die den Menschen vom Tier unterschied, war schlicht nicht mehr vorhanden. Die Eigenschaft, wofür wir Menschen uns seit jeher so rühmen: Situationen einzuschätzen und dann die richtige Entscheidung zu treffen. Wir hatten unsere Entscheidung getroffen und setzten diese auch sofort in die Tat um. War es aber die richtige Entscheidung? Wenn es eine falsche Entscheidung war, warum war sie denn falsch? Wer entscheidet das? Ist es nur deswegen, weil es nicht unseren Moralvorstellungen entspricht? Weil wir uns zivilisiert nennen? Weil wir eben keine Tiere sind? Oder weil es schlicht kriminell ist? Ich hatte gegen ein Gesetz verstoßen. Ein von Menschen geschaffenes Gesetz basierend auf unserer Moral. Wobei ich wieder am Ausgangspunkt meiner Gedanken angelangt war. Wir waren einfach zwei Menschen die Sex miteinander wollten. Im Prinzip folgten wir einem Naturgesetz. In der Natur gibt es diese Einschränkungen durch Moral und selbst geschaffener Gesetze nicht. Es wird einem Instinkt gefolgt: die Erhaltung der eigenen Art. Egal wie alt oder jung, egal ob Familie oder nicht. Ein Hoch auf die Natur!
„Du wirst nicht glauben, was für ein Gespräch ich gerade auf der Toilette mitbekommen habe“, sagte Tanja und riss mich abrupt aus meinen Gedanken. Ich war so vertieft, dass ich gar nicht mitbekommen hatte, dass sie wieder da war.
„Häh? Was denn?“, fragte ich.
„Da hat eine Frau mitbekommen, dass da ein Pärchen in einer der Umkleiden Sex hatte“.
Mir wurde ganz mulmig zumute. Jetzt hieß es cool bleiben und entsprechend reagieren.
„Interessant. Hat sie die beiden gesehen?“, fragte ich ganz nüchtern.
„Wohl nicht. Sie hat es nur gehört. Und als sie dann mit dem Bademeister da war, war schon alles vorbei“.
„Klingt doch gut. Sollen wir auch?“, fragte ich mit einem dicken Grinsen.
„Komm bloß nicht auf dumme Gedanken, ich mache so was nicht“, antwortete Tanja. Ich wusste genau, dass sie nein sagen würde. Dafür kenne ich sie ja lange genug.
„Außerdem“, sprach sie grinsend weiter, „nach gestern Abend wirst du jetzt nicht schon wieder können“.
„Pah“, sagte ich nur gespielt beleidigt, „wenn du wüsstest, was ich alles kann“.